Eine Landschaft, geprägt von

Marsch, Geest, Börde, Heide, und Moor.

Zusammenstellung

kirchner-raddestorf

Beginn: 11/02

 

Hier soll die Landschaft, ihre Geschichte  und Gegenwart, also einige wichtige prägendende Elemente  der in unserem Bereich Wohnenden vorgestellt werden.

 

Inhaltsverzeichnis

 

Landschaftsentstehung. 2

Vorbemerkung. 2

Frühgeschichtliche Entwicklungsschritte. 2

Die Eiszeit formte die Landschaft. 2

Übersichtsgraphik Landschaftsentwicklung. 3

Das Klima. 3

Beschreibung Gade 1901. 3

Wettervoraussagen nach dem hundertjährigen Kalender von Abt Mauritius Knauer 4

Landschaft und deren Nutzung. 4

Von der Naturlandschaft zur heutigen Wirtschaftlandschaft 4

Die Entstehung von Geest und Marsch im Weserraum.. 4

Landesnatur und ihre Entwicklung. 4

Nutzung der Landschaft 6

Von der Naturlandschaft zur Kulturlandschaft. 6

Die Marsch: Anbau um 1900. 6

Die Geest: Anbau um 1900. 6

Typische Siedlungslage auf der Geest. 6

Die Börde. 6

Moor. und Heide- Nutzung. 6

Das Moor 7

Das Moor und der Mensch – Gedichte. 7

Moorbeschreibungen. 8

Grundbesitz im Moor durch Gemeinheitsteilung. 9

Das Moor aus der Sicht von 1901. 9

Torfstechen im Borsteler Moor 9

Die Werkzeuge des Torfstichs. 10

Arbeiten im Moor 10

Bilder vom Torfabbau. 11

Moorabbau in heutiger Zeit 13

Gefräste Torfflächen. 13

Geringelte Torfflächen. 13

Vertragsverlängerung: Vorbereiten der Abbaufläche. 14

Rückentwicklung der Moore in Deutschland 1850/1980. 14

„Moorfrühling in Niedersachsen. 15

Biotopbeschreibung Moor 15

Ödland wird zu Nutzland. 16

„Des Ersten Tod, des Zweiten Not, des Dritten Brot“. 16

Plaggenhütte mit Bewohnern. 16

Rodung von Ödland etwa 1935. 16

Meliorationsarbeiten im Moor 1960. 16

Landmeliorationen. 17

Förderungen in der Mitte des 19. Jh. 17

Kaiserzeit und Weimar 17

Nationalsozialismus und Landwirtschaft 17

Die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg. 17

Öd- und Moorlandkultivierungen in den Nachkriegsjahren. 17

Zur Geschichte des Niedersächsischen Wappens. 17

Geschichte und Entwicklung des Pferdes im Niedersachsenwappen. 17

Und heute?. 18

Literaturverzeichnis. 18

Örtliche Chroniken. 18

Überregionale Beschreibungen. 18

 

 

 

 

Landschaftsentstehung

 

 

 

Vorbemerkung

 

 

„Die Einwohner sind durchweg von ziemlich starkem Knochenbau, erfreuen sich einer guten Gesundheit, leben einfach und mäßig und sind arbeitsam.“

Heinrich Gade, Historisch-geographisch-statistische Beschreibung der Grafschaften Hoya und Diepholz, Bd. 2 Nienburg 1901, S. 492.

 

„Als ursprünglich typische Wesenszüge und Eigenarten des Niedersachsen, oder besser des Niederdeutschen, werden immer wieder genannt: eine feste Bindung an die Scholle, ausgeprägter Individualismus und Selbstbewusstsein bei geringer äußerer und innerer Bewegtheit, schwer beeinflussbares Festhalten an der einmal gefassten Meinung ("Sturheit"), ein starker Wille und eine schwer zu erschütternde Beharrlichkeit: "Wir sind die Niedersachsen, sturmfest und erdverwachsen...", so lautet die bekannte Strophe im "Niedersachsenlied". Dazu kommen Schweigsamkeit und Abstand gegen Neues sowohl im Umgang mit fremden Menschen als auch im vertrauten Kreis. In der täglichen Arbeit herrschen Fleiß und Zuverlässigkeit vor. Eine vielgebrauchte Lebensweisheit lautet: "Stah fast, kiek wiet un röög di" ("Stehe fest, schau Dich um und sei tätig").

Und noch ein weiterer Wesenszug ist den Niedersachsen gemeinsam: der ... stillvergnügte und oft trockene Humor.“

Seedorf, Hans Heinrich und Meyer, Hans-Heinrich (Hrsg.). Landeskunde NIEDERSACHSEN. 1996

 

Es ist eine Binsenweisheit. dass Einflüsse des landschaftlichen, beruflichen und gesellschaftlichen Umfeldes den Charakter, das äußere Erscheinungsbild und Verhalten der Menschen prägen. Landschaftlich waren die Bauern von Marsch, Geest, Moor und Börden durch die dauerhaften Kontakte zu ihrer Umwelt bestimmt, aber auch historische und konfessionelle Traditionsräume haben gewirkt. All dies schafft ein Charakterbild, das man als typisch einer Kulturregion zuordnen kann, wenn man auch feststellen muss, dass durch die erheblichen Zuwanderungen der Nachkriegszeit, vor allem aber durch die ausgleichenden und liberalisierenden Einflüsse der modernen Industrie- und Konsumgesellschaft sich Lebensstile und Eigenarten der Bevölkerung zumindest äußerlich wesentlich verändert haben.

 

 

Frühgeschichtliche Entwicklungsschritte

 

 

Die Eiszeit formte die Landschaft.

 

entnommen F. Bomhoff, Voigtei eine Streusiedlung am Rande der Moore in Steyerberger Chroniken 1989

 

Vor etwa 600.000 Jahren begann die Eiszeit, in der das Landschaftsbild unserer Heimat geformt wurde. Gewaltige Gletscher schoben sich allmählich von den skandinavischen Gebirgen südwärts und bedeckten Norddeutschland zeitweise mit einer bis 400 m dicken Eisschicht. Auf ihrer langen Reise nahmen sie alles mit, was ihnen im Wege lag. Sie transportierten Gesteine verschiedener Art und Größe und zerrieben sie zu Schutt und Sand. Sie schleppten auch große Felsbrocken mit sich. [....].

Die lange Kälteperiode wurde mehrmals durch Temperaturschwankungen unterbrochen. In den wärmeren Zwischeneiszeiten wichen die Gletscher zurück. Dann schmolzen die am weitesten nach Süden vorgedrungenen Eismassen und ließen den mitgeführten Gesteinsschutt zu Boden sinken. So entstanden die oft über 100 m dicken Grundmoränen mit ihren vorwiegend sandigen, aber auch tonigen und kiesigen Bestandteilen, die Geest. [....]

Das Vordringen und Zurückweichen der Gletscher verursachte an ihren Rändern Anhäufungen von Erd und Kiesmassen. Man nennt sie Stirn oder Endmoränen. Dazu gehören der Knappsberg bei Steyerberg und die Uchter Börde. Die Schmelzwasser liefen in vielen Rinnen talwärts und spülten breite Niederungen aus, die zu Flussbetten wurden.

 

Ausschnitt aus der Hellerschen Karte, etwa 1925.

 

In einer späteren Zeit bliesen trockene Winde aus dem Gesteinsschutt und den frei liegenden Sandmassen feine Sandteilchen fort und häuften sie an windgeschützten Stellen zu Dünen auf. Solche feinsandigen Aufwehungen findet man an mehreren Stellen [...] (aus ihnen entwickelten sich die Heidelandschaft).

Zu den jüngsten Landschaftsformen unserer Heimat gehören die Moore. Ihre Bildung begann mit zunehmender Erwärmung um 500 v.Chr. Ein hoher Grundwasserstand und ungünstige Abflussverhältnisse trugen zu ihrer Entstehung bei. Absterbende Wasserpflanzen, verschiedene Schilf und Grasarten und Buschwerk sanken auf den Grund der Senken und wurden unter Luftabschluss zu Torf. Zu diesen “Flachmooren” gehören z. B. die Randgebiete des Borsteler Moores. Als das Klima feuchter wurde, breitete sich das Torfmoos aus, das große, schwammige Polster bildete. Es ernährte sich von dem, was Wind und Niederschläge herbeiführten. Auf den abgestorbenen Pflanzen wuchsen immer neue Moospolster, so dass schließlich meterdicke Torfschichten entstanden. Hochmoore waren vom Grundwasser unabhängig. Zu ihnen gehören die Siedener, Borsteler und Uchter Moore.

 

Dem zurückweichenden Eise folgten die ersten anspruchslosen Pflanzen. Moose, Flechten und niedriges Gesträuch bildeten Kältesteppen, die mit den Tundren im nördlichen Russland vergleichbar sind. Auf ihnen weideten kältegewohnte Tiere wie Mammut und Rentiere, die bereits von umherschweifenden Jägern verfolgt wurden. Skeletteile dieser Tiere findet man noch in den Kieslagern im Weser-Tal. Nach einer Erwärmung siedelten sich anspruchsvollere Pflanzen an. Es entstanden Waldlandschaften, die vielen Tieren Schutz und Nahrung boten. Steinzeitliche Funde beweisen, daß die Menschen ihnen folgten und dass sie auch an den Ufern ... (der Flüsse) lebten.

....(Die) Gewässer waren früher reich an Wassergeflügel und Fischen....

 

Übersichtsgraphik Landschaftsentwicklung

 

Landschaftsentwicklung Marsch-Geest

entnommen Tüxen, Vor- und Frühgeschichte in: 800 Jahre Gemeinde Leese 1983

 

 

 

 

 

Das Klima

 

 

 

Beschreibung Gade 1901

„Das Klima der Grafschaft entspricht den Breitengraden, ist gemäßigt und gesund.; Gebirge und Meere liegen ja in solcher Entfernung, dass sie einen direkten oder speziellen Einfluss auf die Witterung eben nicht mehr, als überhaupt in dieser Region haben können; doch ist der Südwestwind vorherrschend und bringt den meisten Regen, weshalb auch die Westseite hier als Schlagseite bezeichnet wird. Der Ostwind ist indes auch nicht selten und in der Regel anhaltend mit seiner trockenen, herben Luft und bringt meistens erst nach längerem Wehen Regen. Der Nordostwind bringt zu Anfang des Sommer häufig, ja fast regelmäßig, Belästigung durch Moorrauch, welcher auch auf den Niederschlag nicht ohne hindernden Einfluss ist, daher neben der Unannehmlichkeit auch schädlich ist. Im Juni ist ohnehin nicht selten Mangel an Regen, welcher dagegen oft im Juli und später die Ernte stört....Die größte Wärme bringt das Thermometer nicht leicht über 27 Grad steigend und die größte Kälte drückt dasselbe selten unter 18 Grad Minus herunter. Die mittlere Temperatur ist 8-10 Grad und der durchschnittliche Niederschlag 40-45 cm ....“

Heinrich Gade, Historisch-geographisch-statistische Beschreibung der Grafschaften Hoya und Diepholz, Bd. 1 Nienburg 1901, S. 20.

 

 

Wettervoraussagen nach dem hundertjährigen Kalender von Abt Mauritius Knauer

Texte: Deutsches Grünes Kreuz

Januar

Das Jahr beginnt mit kaltem Winterwetter, heftigen Schneefällen und Stürmen. Zwischen dem 21. und 24. scheint auch mal die Sonne. Doch danach verabschiedet sich der Januar mit heftigen Niederschlägen und beißender Kälte.

 

 

 

Landschaft und deren Nutzung

 

 

 

Von der Naturlandschaft zur heutigen Wirtschaftlandschaft

Entw. Seedorf, Meyer, Landeskunde

 

Das Schaubild wird Sie auf den ersten Blick nicht überraschen – natürlich haben sich die Menschen im Laufe ihrer Geschichte ihre Lebensräume geschaffen, d.h. Wildwuchsflächen zu Nutzflächen gemacht. Immerhin erscheint mir hervorhebenswert, dass in unserem Bereich überwiegend Laubwald vorherrschte, der auf ganze 10 % reduziert wurde, während der eigentlich untypische Nadelwald von ursprünglich 2 auf 11 % gesteigert wurde. Das sicher ein Ergebnis der niedersächsischen Forstpolitik, die inzwischen wieder korrigiert wird. Die gerodeten Flächen sind überwiegend zu Ackerland und Gründland gemacht worden. Dies war an sich ein Prozess, der sich überall bei Kultivierungen abspielen.

Interessanter, weil erheblich arbeitsintensiver sind die Ödlandflächen:

Aus den ursprünglichen 7 % offener Hochmoorflächen sind gerade mal noch 2 % Moor, Heide und Brachland geworden, ein Zeichen, wie sehr die Menschen gerade hier in Generationen ihrer Umwelt Nutzland abgetrotzt haben – und das bis in die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg.

Hoffnungsfroh stimmt allerdings, dass mindestens 86 % unseres Landes offensichtlich noch gering versiegelt ist.

 

 

Die Entstehung von Geest und Marsch im Weserraum

 

 

Landesnatur und ihre Entwicklung

gekürzte Darstellung von Dr. Jes Tüxen in Chronik Leese, S. 15-22

Vor 20000 Jahren lag nördlich Hamburg noch ein riesiger Gletscher, der über die Ostsee geschlossen und in breiter Front nach Mecklenburg und Schleswig-Holstein vorgedrungen war. An ihrer Vorderkante war die Eisdecke wohl noch an die 100 m dick. Ein zweiter, sehr viel kleinerer Gletscher lag auf dem Oberharz, von dem kurze Gletscherzungen in die Täler vorstießen. Das Klima war zu der Zeit auch im Sommer so kalt, dass nur an wenigen windgeschützten Stellen mit nicht zu langer und nicht zu kurzer Schneebedeckung eine lockere und niedrige Pflanzendecke leben konnte. Diese der heute im Nordpolargebiet lebenden ähnliche Tundravegetation ernährte Mammute, die großen langhaarigen Elefanten, deren Zähne immer wieder in den Kiesgruben des Wesertales gefunden werden, Wollhaarige Nashörner und vor allem riesige Herden von Rentieren, denen damals schon die Menschen nachstellten. Von diesen Rentierjägern sind Lagerplätze am Steinhuder Meer, an der Weser um Leese herum jedoch noch keine Spuren gefunden worden.

Weil die Pflanzendecke der nicht vereisten Tundra so lückenhaft war, konnte infolge des täglichen Wechsels von Frieren und Auftauen während des größten Teiles des Jahres das nackte Gestein des Weserberglandes sehr leicht verwittern. Regen, Bäche, schließlich Quell u. Nebenflüsse der Weser nahmen das lose Material mit. Auch die lockeren Böden des Flachlandes wurden durch gleiche Erosionsvorgänge abgetragen. Bei jedem Hochwasser brachte die Weser, die in vielen Armen durch unser Gebiet floss, große Mengen von Sand und rundgerollten bunten Kiesel mit, wie man sie heute noch im Sommer am Weserufer auflesen kann.

Während einiger 10000 Jahre, d.h. während der ganzen letzten Einszeit, hatte die Weser auf diese Weise eine bis zu 10 m mächtige sandig kiesige Schotterdecke abgelagert, auf der sie selbst floss[...]. Eine eingetiefte „Marsch“, wie man im Lande sagt, gab es nicht. Da in unmittelbarer Flussnähe die Schleppkraft des Flusses bei Hochwasser am größten ist, konnten hier auch die meisten und gröbsten Mitbringsel abgesetzt werden. So entstand ein sehr breiter .... sog. Terrassenkörper, der in seiner Mitte, in der Nähe der Stromarme, deutlich höher war als an seinen Rändern. Im örtlichen Sprachgebrauch wird diese Landschaft als Geest bezeichnet. [...]

Wo überwiegend feine Sande abgelagert wurden, konnte der Wind diese in dem weitgehend vegetationslosen Lande zu Dünen und Dünenkomplexen zusammenwehen, die häufig von späteren Menschengenerationen in Sandgruben abgebaut wurden. Die Dünen der Osterberge und östlich davon sind in dieser Zeit entstanden.

Nach zwei kürzeren Vorstößen des Waldes aus dem wärmeren Süden wurde es um 8200 v. Chr. auch in Mitteleuropa so warm, dass sich das ganze Land mit Wald bedeckte. Zuerst erschienen die Birken, denen sehr bald die hierzulande Fuhren genannten Kiefern nachfolgten und sie schließlich ablösten. Die während der langen waldlosen Zeit so starke Flächenerosion und der Abtransport des Materials im Fluss ging nach der Bewaldung sehr zurück, ebenso die Dünenbildung. Die Weser in ihren zahlreichen, immer wieder einen neuen Lauf suchenden Armen begann jetzt, sich einzuschneiden und räumte dabei den während der Kaltzeit abgesetzten Schotterkörper strichweise aus. Die Inseln zwischen den Flussarmen, die seit Menschengedenken „Werder" heißen, wurden bei den alljährlichen Hochwässern ebenfalls abgehobelt, wobei die Sande und Kiese oft mehrfach umgelagert wurden. Im Gegensatz zu den heute weithin ebenen Oberflächenformen der Marsch waren die Höhenunterschiede zwischen den höchsten Stellen der Werder und dem sommerlichen Uferniveau der Flußarme größer und das Relief sehr viel unruhiger. Auf den sandigkiesigen, im Sommer häufig trockenen Böden siedelte sich ein Kiefernwald wie auf der Geest an.

Der Fluss transportierte jetzt nur noch ein sehr feines lehmiges Material während der Hochwässer, das an den tieferen Stellen von nun an bei jeder Überflutung in einer sehr dünnen Haut als sog. Auelehm abgesetzt wurde. 500 Jahre nach Beginn der Eintiefung der Marsch mit fortschreitender Erwärmung des Landes wanderten in der Marsch die ersten Eichen zusammen mit Eschen, Ulmen und Linden nach Norden. Sie bildeten auf den Auelehmböden einen geschlossenen Wald, der nach außen, d.h. gegen die Flussarme, durch ein Haselgebüsch abgeschlossen wurde. Auch die flachen Kiesbänke, die als Inseln immer wieder im Strom entstanden, trugen solche Haselgebüsche. Auf den höheren Werdern mit ihren reinen Sand und Kiesböden herrschte dagegen der Kiefernwald unangefochten weiter. Dieser älteste Auelehm wurde im Laufe von Jahrhunderten und Jahrtausenden fast überall wieder vom Fluss ausgeräumt. Als die Menschen im Oberlauf der Weser und an ihren Quell- und Nebenflüssen sesshaft wurden und erste Äcker meist auf geneigten Hängen anlegten, konnte durch den Regen wieder mehr feines Bodenmaterial in die Bäche und weiter in die Weser gelangen, die jetzt verstärkt Auelehm ablagerte. Die eigentümlich rötliche Farbe des Weserauelehms stammt aus der Verwitterung des im südlichen Niedersachsen verbreiteten rotbraunen Buntsandsteins. Im Laufe der Jahrtausende wurden schließlich fast alle Werder von Auelehm überkleidet, so dass der Kiefernwald schließlich ausstarb und von jüngerem Eichenmischwald ersetzt wurde. Der Haselauenwald der Flußufer verschwand ebenfalls und wurde spätestens seit 700 v. Chr. durch die Baum und Strauchweiden ersetzt, die heute noch stellenweise das Flussufer säumen oder entlang der ehemaligen Flussschlingen aufgereiht sind.

Die Zahl der Überflutungen der Marsch muss früher viel größer gewesen sein als ...(vor noch nicht allzu langer Zeit. )

Nach jeder Überflutung waren der Boden und die Grashalme mit einer mehrere mm starken, rötlichbraunen, weichen Lehmschicht überzogen, die beim Trocknen schrumpfte. Pro Jahr kann man – bei oftmals mehreren Hochwässern – mit etwa 23 mm Auelehm in abgetrocknetem Zustand rechnen. Das ergibt zwischen 20 u. 30 cm in 100 Jahren. ... Bei Hochwässern ist die Strömungsgeschwindigkeit in den eigentlichen Flussarmen, gleich ob noch durchflossen oder stillgelegt, am größten. Die mitgeschleppten feinen Lehmteilchen bleiben hier in der Schwebe und können nur außerhalb im Bereich langsam fließenden oder stehenden Wassers absinken. Andererseits können schwerere Sandkörner oder gar Kiese nur bei starker Strömungsgeschwindigkeit aus dem Flussbett herausgeschafft werden, so dass sie in unmittelbarer Nähe des Flussbettes abgesetzt werden. Daher ist die Wesermarsch unmittelbar am Flussbett bzw. an den Flussbetten am höchsten, d.h. der Fluss fließt immer auf der höchsten Stelle der Marsch. Die flussfernen Ränder der Marsch liegen am tiefsten und sind von hochanstehendem Grundwasser beeinflusst. ... Hier wurden die sonst herrschenden Wälder der Aue um 6.250 v. Chr. durch Erlenbruchwälder ersetzt...

Die Umlagerung von Bodenmaterial ging auch nach der vollständigen Bewaldung in geringerem Ausmaß weiter. Die Schlingen der Flussarme drücken stets nach außen, unterspülen die Prallhänge und lagern auf der Innenseite, dem Gleithang, das Weggerissene weiter flussabwärts wieder an. Als Ergebnis all dieser Jahrtausende anhaltenden Umlagerungs- und Ablagerungsvorgänge ist auch heute noch die Oberfläche der meist unter Auelehm verborgenen Sande und Kiese sehr unausgeglichen. [...]

Alle diese Vorgänge, regelmäßige Hochwässer, Abtrag, Aufhöhung, Verlagerung von Flussbetten, waren über neun lange Jahrtausende in der Marsch voll wirksam, bis der Mensch mit ersten Flusskorrekturen anlässlich der Gründung von Stolzenau in dies Geschehen eingriff. Die Überflutungen waren indirekt der Anreiz für den ackerbautreibenden und viehzüchtenden Menschen, sich entweder direkt in der Marsch oder doch oben auf der Geestkante anzusiedeln (vgl. S. 24), weil die alljährliche Ablagerung von fruchtbarem Auelehm gleichzeitig eine natürliche Düngung war, wie sie der Mensch damals nirgendwo besser haben noch selber bewirken konnte. Ab etwa 1850 begann man, den Strom mit Hilfe von „Schlengen", wie die buhnenartig in den Fluss gebauten Steindämme heißen, am Weiterwandern zu hindern. In unserem Jahrhundert wurden dann zur Beschleunigung der Schifffahrt viele Flussschlingen durch Kanäle abgeschnitten und Staustufen eingerichtet. Deichbauten haben inzwischen die winterlichen Überflutungen und damit die Auelehmablagerung fast verhindert.

Auf der Geest hat sich seit der Eintiefung der Marsch im Gegensatz zu den in Wirklichkeit zwar langsam ablaufenden, aber in der Rückschau doch vielfältigen und kraftvollen Geschehen in der Marsch wenig und vor allem kaum so Spektakuläres ereignet. Die Oberflächenform der Geest, d.h. der eiszeitlichen Weserterrasse, entspricht deutlich dem heutigen Aufbau der Marsch. Die marschnächsten, d.h. ursprünglich flussnächsten Teile der Geest liegen etwa 3 m höher als die 5 km entfernten, grundwassernahen Flächen in Meerbachnähe. Sie sind entsprechend den flussnahen Teilen der Marsch viel höher aufgeschottert worden. Auch fällt der Terrassenkörper nach Norden mit der bergabfließenden Weser, die ihn aufgeschüttet hat, gleichmäßig ab. ... Infolge dieser Schräglage der Geest verlaufen die vielen kleinen Bäche, die aus zahlreichen Quellen auf den nicht allzu hoch liegenden Geestteilen entspringen, ohne Ausnahme nach Norden bis Nord-Nordosten. ... All diese Bäche mit ihren schmalen Tälchen heißen im Volksmund „Rieden" (von altsächsisch „rith" oder „ritha" = Bach [Laur 1960]). Wo sich die Rieden in Meerbachnähe vereinigen und wieder trennen, umfließen sie größere und kleinere Geestinseln, die „Hörste" genannt werden. Der Ausdruck ist weiblichen Geschlechts, es heißt also „die Habichtshorst", „die Rohlshorst" usw.

Von der Marsch ausgehend, wo sie schon 7700 v. Chr. eingewandert war, besiedelte die Eiche um 6250 v. Chr. auch die Geest und drängte die Kiefernwälder auf die Dünen zurück, wo sie sich wohl bis in unsere Zeit erhalten haben. Alles übrige Land wurde nun zu reinem Eichenwald, der erst im Laufe des 3. Jahrtausends v. Chr. durch die Buche bereichert wurde. In den nassen Rieden stellte sich gleichzeitig mit der Eiche die Erle ein und bildete Bruchwälder, die viel später vom Menschen in Wiesen umgewandelt wurden.

Erste deutliche Veränderungen dieses Bildes traten kurz vor Christi Geburt auf, als der Mensch größere Flächen besiedelte und beackerte. Zu dieser Zeit werden auch schon einige Heiden im Osterberggebiet oder in der Bollheide bestanden haben. Sie sind durch Beweidung mit Großvieh, Ziegen und Schafen aus den Eichenwäldern hervorgegangen und durch weitere Beweidung von erneut aufkommendem Baumwuchs freigehalten und damit erhalten worden. [...]

In all den Jahrtausenden vor dem stärkeren Eingriff des siedelnden und Landwirtschaft treibenden Menschen war die Gegend um Leese wie weithin sonst ein reines Waldland, durch das sich größere und kleinere Flüsse schlängelten. Nur östlich Landesbergen lag ein kleines baumfreies Hochmoor. Größere Flächen östlich des Meerbaches und weiter entfernt im Uchter Raum wurden ebenfalls von Hochmooren bedeckt. Wenn es auch in den Wäldern der Marsch und der Geest manchmal bunte Blumen in größerer Zahl gab, so war doch diese Urlandschaft im Vergleich zu der vom Menschen gemachten von einer unglaublichen Eintönigkeit. Erst als der Mensch Äcker, in denen blaue Kornblumen und roter Mohn wuchsen, und Wiesen angelegt hatte, die zu jeder Jahreszeit wechselnde, aber immer farbige Bilder zeigten, entstand eine Landschaft, die mit ganz bestimmten Haus, Hof und Dorfformen für das Mittelwesergebiet für lange Jahrhunderte kennzeichnend war. Der Wechsel von Wald, Heide, Grünland, Acker und Dorf auf engem Raum, in dem alle Landschaftsformen wegen der wildwachsenden „Unkräuter" von einer ausgeprägten Farbigkeit waren, machte die Landschaft ausgesprochen schön. Heute, nach nur Jahrzehnte langem Einsatz von modernen landwirtschaftlichen Methoden, ist die Schönheit wie die unverwechselbare Eigenart der Landschaft in ein monotones Grün – wo sie noch nicht ganz zubetoniert ist – übergegangen...

 

 

 

Nutzung der Landschaft

Von der Naturlandschaft zur Kulturlandschaft.

 

Die Besiedlung zwischen graswüchsiger Niederung und ackerfähigem Esch (Grundmoränenrücken mit Geschiebedecksand und Plaggenauftrag, vgl. Abb.61)

(n. Siebels 1985, verändert Seedorf, Meyer, Landeskunde

 

Die Marsch: Anbau um 1900

Heinrich Gade, Historisch-geographisch-statistische Beschreibung der Grafschaften Hoya und Diepholz, Bd. 1 Nienburg 1901, S. 22.

In der Marsch werden vorzugsweise gebaut: Weizen (Winterweizen), Gerste, Hafer, Grauzeug (weiße, grüne, graue, gelbe und Pollerbsen, kleine Bohnen, Pferdebohnen, Wicken), Rübsamen, Klee (roter und weißer), Runkelrüben, weißer Kohl, Kartoffeln

 

 

 

Die Geest: Anbau um 1900

Heinrich Gade, Historisch-geographisch-statistische Beschreibung der Grafschaften Hoya und Diepholz, Bd. 1 Nienburg 1901, S. 22.

...auf der Geest (werden überwiegend gebaut): Sommerweizen, Roggen, Hafer, Buchweizen, Erbsen (Garten- und Felderbesen), große Bohnen, Bietsbohnen (Stangen- und Zwergbohnen), Lupinen (seit 1841), Tabak (obere Wesergegend), Cichorie, Kartoffel, Rüben (Zucker-, Stoppel- und Steckwüben), Kohlrabi, Rettich, Meerrettich, Radieschen, weißer, roter und Savoyerkohl, schlichter und krauser brauner Kohl, Flachs, Hanf(wenig), Mohn, Senf, Spargel, Gruken...“

 

Typische Siedlungslage auf der Geest.

(Grundmoränen und Auenorientierung) Die Auenorientierung der Siedlungen ist ein Grundprinzip der Dorfanlagen auf der Geest und darüber hinaus auch in anderen Landschaften. Die Häuser lagen alle einige Meter erhöht am Rande der nassen Talaue zwischen den trockenen Ackerböden und dem feuchten Wiesenland, in der Regel mit dem Einfahrtstor zum Ackerland und damit zum Verbindungsweg zeigend, der parallel zum Tal verlief. Geologisch ist das die Mittellage zwischen der saale-eiszeitlichen Grundmoräne (Geschiebelehm) und der nacheiszeitlichen, häufig etwas vermoorten Talaue. Die Häuser standen am Talrand auf der weichseleiszeitlichen Niederterrasse auf trockenem Baugrund, in dessen Untergrund ein frisches Trinkwasser talwärts floss, das durch Brunnen oder am unteren Talrand durch Quellen leicht zu erschließen war.

(Schema Seedorf, Meyer, Landeskunde

 

Die Börde

wird weiter bearbeitet

 

 

Moor. und Heide- Nutzung

Hermann Husmann in Geschichte des Kirchspiels Borstel, Hrsg. Heimatverein Borstel 1990

„... Es wäre den Menschen in früherer Zeit wohl kaum möglich gewesen, hier auf dem kargen, sandigen Heideboden ohne das Moor Ackerbau und Viehzucht zu betreiben. Auf jedem Bauernhof wurde eine Schafherde gehalten, die zum Teil auch im Moor ihr Futter fand. Die Schafe waren wichtig als Woll-Lieferanten für die Kleidung. Das schmackhafte Fleisch diente der Ernährung, und durch den Verkauf einer gewissen Stückzahl brachten sie auch bares Geld ins Haus. Ein sehr wichtiger Faktor der Schafhaltung war aber der Dünger, der dabei anfiel. Ohne den Schafmist wäre der Anbau von Getreide und Hackfrüchten kaum möglich gewesen; denn industriell hergestellte Düngemittel kannte man noch nicht.“

 

Schafe waren die wichtigsten Kulturpfleger für die Landschaft: durch ihren Verbiss an Heide und Moorbirken sorgten sie für Verjüngung und Erhalt der Landschaft.

1960er Schäfer Weking (Hauskämpen)

Bildersammlung Wiehe

in: 900 Jahre Warmsen, eine Gemeinde in Wort und Bild, Schriftenreihe der Samtgemeinde Uchte Band 5 1996

1950er Eintrieb in die Winterstall

entnommen F. Bomhoff, Voigtei eine Streusiedlung am Rande der Moore in Steyerberger Chroniken 1989

Schafstall bei Hoysinghausen

Bild entnommen: Kreisausschuss des Kreises Nienburg (Hrsg.) Heimatbuch des Kreises 1936

 

1960er Bienenstöcke der Wekings (Hauskämpen)

Bildersammlung Wiehe

in: 900 Jahre Warmsen, eine Gemeinde in Wort und Bild, Schriftenreihe der Samtgemeinde Uchte Band 5 1996

 

 

 

Das Moor

Das Moor und der Mensch – Gedichte

Dor lat’n liggen

Auszug aus einem Gedicht von Hedi Knoop, das das Begräbnis des Herrn Ltn. Haustätte im Jahre 1929 im Darlatener Moor beschreibt. Veröffentlicht wurde es in ihrem Büchlein „Torfgeschichten“, eines von vielen wunderschönen Veröffentlichungen, die die Heimatschriftstellerin zu unseren Raum verfasst hat.

... eines Sommertages dann,

da hielt das Moor den Atem an;

denn siehe, in der Morgensonne

schritt eine schweigsame Kolonne,

die schleppte durch den Sumpf, den weichen,

den großen, schweren Sarg aus Eichen:

sechs Knechte, wortlos, grau und hager

und einer wie der andere mager.

 

Im Sarg ihr Herr war hart gewesen,

er kehrte mit dem Eisenbesen,

es gab viel Schelte, wenig Brot...

Ach ja, nun war er aber tot.

Vorgestern auf dem Sterbebette

sprach er: „Tragt mich zur Ruhestätte

ins Große Holz im Uchter Moor,

und tragt mich gut, seht euch ja vor!“

Der Herr war schwer, die Knechte keuchten,

sie rutschten auf dem Grund, dem feuchten,

und stolperten von Bült zu Bülte,

bis sich der letzte Holzschuh füllte.

Sie rasteten und sah‘n sich an:

Wie weit war‘s jetzt noch bis zum Tann?

„To to“ mahnt Voss, „wie hebbt keen Tiet,

un bett na‘n Holte is noch wiet“.

So haben sie sich abgeschunden,

bis in die heißen Mittagsstunden.

 

Doch dann, nicht weit von ihrem Ziel,

da stolperte Hein Voss und fiel

und rutschte samt dem Totenschrein

gar tief in den Morast hinein...

Die Kumpels zogen mit viel Müh

den Alten aus der braunen Brüh.

Herrje, der Sarg wollt auch versinken!

Darf denn ihr Herr im Moor ertrinken?

Befahl er doch die Ruhestätte

im Holz und nicht im schlam‘gen Bette.

Hein Voss zerrunzelt seine Stirn,

so manches schießt ihm durchs Gehirn.

Die Hose klebt ihm an den Beinen,

der Holzschuh hat er nur noch einen...

 

Nein, der da hat genug befohlen,

nun soll ihn hier der Teufel holen.

„Dor lat n liggen“ spricht Hein Vossen,

„Min Gott, wat sin wi doch för Ossen!

Wütt wie den Kerl nan Holte drägen?

Het he uß jetzt noch wat to seggen?“

„Do lat n liggen!“ rufen alle,

und frei sind sie mit einem Male.

So haben sie den harten Sassen

im Uchter Moor versinken lassen

und sind dann ohne Angst und Bangen

als freie Männer heimgegangen.

„Dor lat n“ – dieses wackre Wort

bezeichnet heute noch diesen Ort.

 

Moorbeschreibungen

 

„Moorfrühling“ in Niedersachsen

Margarete Bink in Niedersächsischer Jäger 12/2001

Niedersachsen war einmal das moorreichste Land Mitteleuropas. Die Moore konzentrierten sich in einem Streifen südlich der Nordsee, zwischen Elbe und der holländischen Grenze. Von den einst ausgedehnten Moorkomplexen sind heute nur noch kleine Restbestände in halbwegs naturnahem Zustand erhalten.

Hochmoore sind nährstoffarm und leben von Niederschlägen. Sie sind dürftig in der Vegetation, unabhängig vom mineralischen Untergrund und mit Wasser vollgesogen wie ein Schwamm. Niedermoore dagegen liegen im Einflussbereich des Grund- und Oberflächenwassers. Sie sind relativ nährstoffreich und begünstigen ein vielfältiges Tier und Pflanzenleben. Während demgegenüber in Hochmooren nur wenige, dafür aber hochspezialisierte Pflanzen- und Tierarten vorkommen.

Für ihre Entstehung benötigten die Hochmoore Jahrtausende, denn ihr Wachstum vollzog sich sehr langsam. Da die Torfmoose in ihren Zellen große Wassermengen speichern können, sind die Moore wertvolle Wasserreservate im Naturhaushalt. Doch menschliches Zweckdenken schuf im Zeitalter des Fortschritts Entwässerungsprogramme zur Urbarmachung nutzlosen Brachlandes. Was anfangs noch durch mühevollen Handtorfstich der Moorsiedler an Moorflächen langsam verloren ging, schrumpfte später durch maschinelle Abtorfung industrieller Betriebe schnell auf einen Bruchteil der ehemaligen Flächen zusammen.

Pulsierendes Leben

Die Eingriffe in die Natur bedrohen auch unsere Vogelwelt, da damit der Lebensraum zerstört wird. Besonders die Watvögel wie Brachvogel, Uferschnepfe, Rotschenkel, Bekassine und Kampfläufer, die mit ihren langen, tastempfindlichen Schnäbeln stochernd im weichen Boden nach Nahrung suchen, sind an Feuchtgebiete gebunden. Wird ihnen der Lebensraum genommen, wandern sie ab oder sterben aus. Aber auch zahlreiche andere Vogelarten sind auf feuchte, wasserreiche Areale angewiesen.

Durch „fortschrittliches Denken“ der Menschen entstanden Entwässerungsprogramme zur Urbarmachung nutzlosen Brachlandes – der Moore. Auf den trockengefallenen Flächen siedelt sich als Pioniergehölz unter anderem die Birke an.

Photo Margarete Bink

 

Im Schutz der Ruhe, die das schlecht begehbare Gelände mit sich bringt, pulsiert vom Frühjahr bis zum Spätherbst in den Mooren ein vielfältiges Tier und Pflanzenleben.

Ein Heer von Zugvögeln sucht auf seinem Weg nach Norden in diesen Ruhezonen rastend nach Nahrung. Zu den ersten Frühlingsboten, die aus dem Winterquartier heimkehren, zählt der Kiebitz. In wuchtelndem Flug grenzt er sein Revier ab. Schon bald beginnt er mit der Brut und die vier dunkel gefleckten Eier im Gelege zeigen stets mit der Spitze zur Nestmitte.

Charakteristische Laute der Moornatur sind die wundervoll melodischen, lang gezogenen Triller und Rufe des Großen Brachvogels. Auch der eindrucksvolle Warnruf der Uferschnepfe ist in dieser Landschaft nicht zu überhören – das Meckern. Eng mit dem Moor verknüpft ist auch das Leben des Südlichen Goldregenpfeifers, der vom Aussterben bedroht ist. Die Sumpfohreule, die im lautlosen Flug dahingleitet, ist in ihrer Lebensweise ebenfalls an feuchte Biotope gebunden.

Im Schutz der Einsamkeit

Das Moor ist reich an Stimmen und Leben. Lerchen und Wiesenpieper wetteifern mit ihrem Gesang und geben zusammen mit anderen Sängern ein faszinierendes Vogelkonzert. Seltene Libellen tanzen über dem Ödland auf und nieder und die Kreuzotter schätzt an warmen Tagen ein Sonnenbad vor ihrem Schlupfwinkel. Im Randbereich des Sumpfgebietes hält sich gern der Moorfrosch auf.

 

Die Schönheit des Moores offenbart sich erst dann richtig, wenn bei leichtem Wind ein Meer von fruchtenden Wollgräsern zu wogen beginnt.

Photo Margarete Bink

 

So sind diese Einöden der beste Schutz für viele seltene Tierund Pflanzenarten, die in unserer Kulturlandschaft keine andere Lebensmöglichkeit mehr finden.

Mit fortschreitender Jahreszeit entfalten die verschiedensten Pflanzenarten ihre Blüten und locken die Insekten an. Doch die Schönheit der Moornatur wird erst richtig offenbar, wenn bei leichter Brise ein Meer von fruchtenden Wollgräsern zu wogen beginnt. Zu dieser Zeit sind die meisten Jungvögel schon geschlüpft und wachsen schnell heran, denn es dauert nicht lange und die große Reise in den Süden beginnt. Eine Vogelart nach der anderen verlässt das Brutgebiet und es wird still im Moor.

Ein herausragendes Gebiet für Brutvögel der offenen Hochmoor, Heide und Feuchtwiesenlandschaft ist der Naturraum Diepholzer Moorniederung zwischen Dümmer und Weser. Er hat eine Gesamtgröße von ca. 105000 ha. Davon sind ca. 24000 ha Hochmoore (ohne Dümmerregion), ca. 15000 ha Feuchtgebiete mit internationaler Bedeutung, ca. 13600 ha Naturschutzgebiete (NSG) und insgesamt ca. 30000 ha naturschutzwürdige Fläche.

Bereits 1972 fanden sich Naturschützer zusammen, um Regenerationsmaßnahmen auf abgetorften Moorflächen in der Diepholzer Moorniederung durchzuführen und die ökologische Situation der letzten Hochmoorbereiche zu stabilisieren.

Regenerationsmaßnahmen: durch die Wiedervernässung ehemals trockengelegter Moorflächen stirbt die Birke.

Photo Margarete Bink

 

Sie gründeten die Faunistische Arbeitsgemeinschaft Moore (FAM), die bis heute besteht.

Seit den mühevollen, arbeitsreichen Anfängen dieser Interessengemeinschaft hat sich durch Pflegemaßnahmen, Wiedervernässung trockengelegter Hochmoorbereiche, Entbirken und Entkusseln degenerierter Moore, Bestandsaufnahmen von Fauna und Flora, Abflämmen von Moorflächen und vielen anderen Arbeitseinsätzen im Laufe der Jahre mancher Erfolg eingestellt.

 

 

wird fortgesetzt...

Grundbesitz im Moor durch Gemeinheitsteilung

entnommen F. Bomhoff, Voigtei eine Streusiedlung am Rande der Moore in Steyerberger Chroniken 1989

„[...] Den Mooren maß man vor 500 Jahren wenig Wert bei. Sie konnten den Wege-Unkundigen sogar gefährlich werden. Deshalb mied man sie. Erst als zu Ende des 16. Jahrhunderts großer Mangel an Brennholz auftrat und nach neuen Weideflächen gesucht wurde, wiesen die Ämter den Bauern “Plaggen” zum Torfstiche an. Heidhieb und Weide wurde ihnen gestattet, da dadurch der Viehbestand vergrößert werden konnte, während für die Zuweisung eines “Plaggens” eine Gebühr erhoben wurde.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts hat sich das Landschaftsbild zwischen Aue und Moor entscheidend verändert. Die Gemeinheiten hatten oft Ärger gemacht, denn jeder wollte sie nützen, aber keiner sie hegen. Als man erkannte, dass der Bauer nur bereit war, seinen Besitz pfleglich zu behandeln, kam es zu dem Gesetz über die “Gemeinheitsteilung für die Grafschaften Hoya und Diepholz” des Jahres 1824, das mit der Privatisierung vernachlässigter Heide und Moorflächen auch die Rechte aufhob, die die Hude und den Heid- und Plaggenhieb betrafen.

Der Aufteilung der Gemeinheiten gingen langjährige Verhandlungen voraus. Dem Antrag auf eine Generalteilung – das war die Teilung des Gemeinbesitzes unter mehreren Ortschaften – folgten Vermessung, Kartierung und Bonitierung. Die Zuteilungen erfolgten unter Berücksichtigung der alten Rechte und der unterschiedlichen Bodenarten sowie der Festlegung eines neuen Wege und Grabennetzes.

[...]Die Bewertung dieser Fläche geschah nach “Kuhweiden”. Darunter verstand man eine Weide, die zum Unterhalt einer Kuh erforderlich war. Man rechnete dafür fünf Morgen Heide oder vier Morgen Angerboden und schätzte, dass der “Brand” 226 Kühen ausreichend Futter geben könne.

“Der Brand ist eine fast ebene Fläche mit Anger und Heideboden. Er ist bei nasser Witterung oft überschwemmt und deshalb eine schlechte Weide. Im Innern ist er teils sandig, teils moorig.”

1886 wurde das Siedener Moor unter seinen Nutznießern geteilt. Dazu gehörten Klein-Lessen, Sulingen, Maasen, Borstel, Pennigsehl und die in der Ortschaft Voigtei vereinigten Bauerschaften. Von den 1313 ha Land waren 1023 ha Moor, 245 ha Heide und 45 ha Anger. 726 ha der Moorfläche erschienen abbauwürdig. Um ihre Bonität feststellen zu können, wurde die Mächtigkeit der Moorschichten geprüft, die ja nicht gleich dick waren. Man setzte den Heizwert von drei braunen gleich dem von vier weißen oder zwei schwarzen Torfsoden. Auch das nasse Moor stellte einen Wert dar. Bei der Teilung fielen 234 ha an Stelle, 228 ha an Heide und 87 ha an Oldenburg. Davon waren 2/3 Weideboden und 1/3 Torfboden.

Auch hier folgte der Generalteilung die Spezialteilung. [...] Es darf aber nicht vergessen werden, dass dem Gewinn von zunächst ziemlich wertlosem Land auch Unkosten folgten. Die Kosten der Vermessungen und Bewertungen sowie die Verpflichtungen für Wege, Gräben und Brücken fielen den neuen Eigentümern zu.“

Das Moor aus der Sicht von 1901

Heinrich Gade, Historisch-geographisch-statistische Beschreibung der Grafschaften Hoya und Diepholz, Bd. 1 Nienburg 1901, S. 21f.

Als zu den Brenzen gehörend, obgleich zunächst aus Pflanzenstoffen gebildet, möchte allein der Torf zu nennen sein.. Dieser, oder vielmehr das Material dazu, kommt hier aber auch in großem Umfang und fast unerschöpflichen Massen vor und bildet das Hauptbrennmaterial für den Hausgebrauch.....

Die vielen und z.T. großen Moore im Hoyaschen enthalten noch großen Reichtum an Material zu Torf, und wird bei zweckmäßiger und ökonomischer Benutzung desselben, wobei auf die Möglichkeit der Wiedererzeugung in feuchten und geeigneten Lagen und Gegenden Bedacht genommen wird, noch in Jahrhunderten ein Mangel daran nicht eintreten, da ohnehin die Steinkohle immer mehr Verwendung findet, und damit der Konsum an Torf immer geringer wird, abgesehen von dem schon gemachten und ohne Zweifel noch weiter eintretenden Verbesserungen in den Feuerungsanlagen und den Erfindungen zum Zwecke der Einsparung von Brennmaterial....

Der Torf wird in verschiedener Weise und Qualität gewonnen, hergestellt und benutzt, nämlich als Stech-, Bagger-, Luffen-, Wiesen-, Sand-, Heide-, Maschinen-, Streutorf etc. Wiese-, Sand-, und Heidetorf nennt man auch Schollen und sind die abgeplaggete moorige obere Erdrinde. Der Torf wird außer zum Brennen in neuerer Zeit zu vielen anderen Zwecken verwende, z.B. als Streu- und Verpackungsmaterial.......

Auf dem Moorlande (werden vorzugsweise angebaut): Roggen, Hafer, Buchweizen, Spörgel, Kartoffeln.“

 

 

Nachfolgend einen prägnanten, vom eigenen Erleben geprägten Bericht aus einer der bislang erarbeiteten Chroniken, den ich mit Bildmaterialien aus den übrigen Vorlagen illustriert habe, um dem Unkundigen eine Vorstellung von der unendlich mühsamen und kräftezehrenden Arbeit zu vermitteln:

 

Torfstechen im Borsteler Moor

Hermann Husmann

in Geschichte des Kirchspiels Borstel, Hrsg. Heimatverein Borstel 1990

Das Moor wird von vielen Menschen als ein unwirtliches, unheimliches Gebiet angesehen. Wer aber am Moor aufgewachsen ist, sieht das ganz anders. [....]

Als Einstreu für den Schafstall verwendete man mit Vorliebe Moorplaggen, weil damit viel Humus in den Boden kam. Die Einstreu für die Rinderställe kam auch zu einem großen Teil aus dem Moor: Heide, Riedgras usw.. Ein wichtiges Produkt aus dem Moor war der Brenntorf. Die hiesige Bevölkerung benutzte in alter Zeit  z. T. auch noch bis nach dem Zweiten Weltkrieg – zum Beheizen des Stubenofens und für das Herdfeuer nur Torf. Für den Herd brauchte man fast ausschließlich Weißtorf, während der Stubenofen mit Schwarztorf geheizt wurde. Ein Stück Weißtorf, mit einem Schuss Petroleum getränkt, brachte das Heizmaterial schnell in volle Glut.

Der Weißtorf ist die jüngere obere Schicht des Moores, während der Schwarztorf bei uns etwa in einer Tiefe von einem Meter beginnt. Er hat den höheren Heizwert. Folgende Geräte wurden beim Torfstechen gebraucht:

Die Werkzeuge des Torfstichs

Pferde-Schuh, Torfmesser und Torfspaten

in Geschichte des Kirchspiels Borstel, Hrsg. Heimatverein Borstel 1990

 

Ein Haumesser, Torfspaten, Schaufel, Spaten, Quicke, Schöpfeimer mit Stiel und die platte Torfschiebekarre, deren eisenbeschlagenes Holzrad mit einem Strohseil umwickelt war, damit das Rad nicht so tief in den Moorboden eindrückte.

Arbeiten im Moor

In vielen Gesprächen erzählen die Älteren von ihren Erfahrungen, Erlebnissen und Erinnerungen in und um das Moor. Kaum einer zeichnet sie auf und wenn die letzten der Menschen in unserem Raum verstorben sind, dann vergeht dieser Lebensabschnitt. Das Moor verbleibt für die Nachwachsenden vielleicht noch ein schöner Naturraum, der nichts mehr zu sagen weiß von den Entbehrungen, den Arbeitsqualen und dem Elend der meist bitterarmen Menschen, die sich ihren Brennstoff auf eigenen kleinen Flächen selbst herstellen mussten. Bis in die sechziger Jahre hinein, manchmal sogar bis in die 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts gingen die Menschen unseres Raumes „ins Moor“. Erst das Aufkommen der Ölheizungen und die anfänglich noch sehr günstigen Preise ermöglichten ihnen einen viel Kraft und Geschicklichkeit fordernden Arbeitsbereich für wahrscheinlich immer hinter sich zu lassen.

Anlässlich eines Besuches im Torfmuseum Neustadt – übrigens ein ebenso bemerkenswertes Ausflugziel wie das Heringsfängermuseum in Heemsen - stieß ich auf ein Büchlein einer Torfbauerntochter, die zusammen mit Frau Engelmann ihre Erfahrungen mit der Torfgewinnung und ihre Jugend auf dem Hofe eines Torfbauern aus Moordorf, ganz in der Nähe von Neustadt am Rübenberge und am Steinhuder Meer gelegen, zu Papier gebracht hat.

Sie sollten sich diese Broschüre unbedingt bei dem Museumsbesuch zu Eigen machen, denn sie erzählt sehr anschaulich von noch vielen anderen Dingen aus dem harten Alltag der armen Moorbauern:

 

Hedwig Braun, „...In Wirklichkeit war es nur eine einzige Quälerei...“ Erinnerungen einer Moorbauerntochter Herausgeber: Landkreis Hannover 1994 Einf0hrung und Redaktion: Christine Engelmann

 

Aus diesem Büchlein möchte ich die über die ganze Lektüre immer wieder eingestreuten Moorarbeitsschilderungen als Anregung und gegen das Vergessen hier zusammenstellen und vielleicht im Laufe der Zeit durch andere Berichte ergänzen.

 

Frau Braun stellt ein kleines Gedicht voran, das die Mühen, zugleich auch den Stolz über die jahrelang geleistete, schwere Arbeit verdeutlicht.

 

Wi Törfstäkers

Man sach innen Dau

use Spuren,

von usen Vaddern

un von meck.

Up oldvertrauten Fluren

güng use Treck.

Wenn dat Dagewerk tauenne,

dä Rüggens vonner Arbed krumm,

man sach innen Dau use Spuren

- bloß annersrum.

Hedwig Braun

 

Sie erzählt:

„Von Frühjahr bis Herbst verbrachte mein Vater die meiste Zeit im Moor. Was musste nicht erst alles getan werden, ehe es soweit war, dass man den Torf verkaufen konnte! Beim Torfstechen im Frühjahr mussten zuerst Torfmoose, Wollgräser und Heide, die auf dem Torf wuchsen, entfernt werden. Diese Pflanzenschicht wurde eingeritzt und dann stückweise abgelöst. Man warf sie in die Moorkuhle, die beim letzten Torfstich entstanden war.

Als nächstes stach mein Vater, der "Stecher”, von oben erst quer und dann längs die erste Sodenreihe vor. Dann stieg er in die Moorkuhle und löste mit dem Spaten die einzelnen Soden.

Schicht für Schicht arbeitete er sich so nach unten, bis er ... (genügend) Soden gestochen hatte. Das dauerte mehrere Wochen. Diese Soden wurden vom "Schieber” auf die Schiebkarre geladen und zum Damm gefahren.“

„... Schon als ich sechs Jahre alt war, stand mittags, wenn ich aus der Schule kam, meine Mutter mit dem Henkeltopf in der Haustür. Dann musste ich dem Vater das Mittagessen ins Moor bringen. Eine große Freude waren die Mittagessen nicht gerade. Man konnte sich fast an den Fingern abzählen, was es gab: Vizebohnen und Wurzeln, Erbsen und Wurzeln, Steckrüben oder Kohl, meistens mit ein paar Schwarten gekocht. Frisches Fleisch wurde nicht gekauft, weil kein Geld da war. Die Frühstücksbrote, mit Schinken oder Mettwurst, schmeckten um so besser. Normalerweise gab es solche Delikatessen nicht, nur während der Zeit, zu der der Vater besonders schwer arbeiten musste. Manchmal fiel für mich auch eine von der Frühstückspause übriggebliebene Scheibe ab, das nannte man "Hasenbutter", und mir schmeckte es köstlich....

Meist patschte ich (anschließend) noch ein bisschen in der Moorkuhle ‘rum (ab Mai liefen wir barfuss, nur sonntags kriegten wir Schuhe an), aber dann musste ich schnell zurück, denn nachmittags musste ich die Kühe hüten. Ich ging über das Hochmoor nach Hause, durch Krüppelkiefern, Heide und Wollgras, vorbei an Moorkuhlen mit Sonnentau, und beobachtete die vielen Schmetterlinge, die Luft war bunt davon. Es gab damals auch noch viele Vogelarten im Moor: Ich hörte den Brachvogel wehleidig rufen, und man musste acht geben, nicht auf Kiebitzeier zu treten. Auch wenn ich mich schon verspätet hatte, guckte ich im Sommer oft noch nach, ob die Bickbeeren reif waren, denn die Eltern hatten kein Geld, um Obst zu kaufen.“

„Als ich alt genug war, etwa vierzehn, war es meine Aufgabe (...die Soden vom "Schieber” auf die Schiebkarre zu laden und zum Damm zu fahren*).“

„..... Oft ging ich auch in die Moorkuhle und wollte Papa entlasten, aber da ließ er mich nicht so gern ran. Er sagte, ich solle mir erst mal vom Bürgermeister die Torfmaße holen. (Damit neckten die Torfstecher Neulinge, die noch nie Torf gestochen hatten.) ....“

„... Der Damm war ein Stück Moor, das man stehen gelassen hatte, und rechts und links waren überall Moorkuhlen. Auf diesem Damm wurden dann die Soden zu kleinen Stapeln aufgebaut, weil dort der Wind besser durchstreichen konnte. Immer sechs frischgestochene Soden wurden übereinandergelegt, je zwei nebeneinander, die nächsten beiden quer darüber, und die beiden obersten wieder um 90 Grad gedreht. Wichtig dabei waren große Zwischenräume, damit der Wind die Soden trocknen konnte.“

„..... Zusammen schafften ...(Vater und Tochter)... 6000 Soden am Tag, das war unser Quantum, eher gab es keinen Feierabend. Wir waren immer die ersten und die letzten, die man im Moor antraf.“

„....Zur Vesperzeit kamen oft “Torfnachbarn” zu uns, oder wir gingen zu ihnen zum Klönen, man war nie allein auf dem Moor.....“

„....Wenn wir abends zurück nach Hause gingen, saßen auf den Einfriedungspfählen schon die Eulen, die nach Beute Ausschau hielten.....“

„... Nach drei bis vier Wochen, je nach Wetter, wurde “umgespekt”, d.h. die untersten Soden kamen nach oben.

Nach etwa vier Wochen wurde die Prozedur wiederholt. Inzwischen wurde Heu gemacht, die Arbeit riss einfach nicht ab.

Danach wurden aus dem Torf große Haufen geschichtet, die schräg nach oben zusammenliefen: Zwölf Törbe waren ein “Spekhaufen”. In der Mitte musste die Luft durchstreichen können. Vor der Roggenernte mussten die Törbe aufgesetzt sein. Mein Vater verstand es, große, rechteckige Torfstapel zu setzen, und wenn der Damm von vorn bis hinten voll stand mit Stapeln, war ihm wohler.

Jetzt konnte das Wetter dem Torf nicht mehr so viel anhaben. Wenn es regnete, wurde er nur noch außen herum nass und wehte auf dem Damm bald wieder trocken.“

„... Wenn das Wetter (vor Weihnachten) noch "offen” war, wurden auf dem Moor die Gräben "aufgemacht" (gereinigt) und Knüppeldämme gebaut, denn die vollbeladenen Wagen sackten sehr leicht ein, und es war schwer, wieder rauszukommen.“

„ Der Torfvorrat wurde in einem Schuppen neben dem Haus gelagert. Dort stellte man auch den Leiterwagen unter und alles, was sonst noch gegen Wind und Wetter geschützt werden musste, denn für Neuanschaffungen war kein Geld da.“

(Auch die Schule wurde mit Torf beheizt, es gab gesonderte Torfplaggen für die Schule auf denen auch die Ärmeren Dorfbewohner ihren Torf stechen durften)

Frau Braun erzählt: „Nach dem Melken musste ich zusehen, dass ich pünktlich zur Schule kam. Wenn es kalt war, mussten wir Kinder abwechselnd in aller Herrgottsfrühe den großen Kanonenofen in der Schule heizen, der bis unter die Decke reichte. Von zu Hause brachten wir einen mit Petroleum getränkten Torf mit und fachten schon um sechs Uhr in dem riesigen Ofen das Feuer mit Torf und Holz an, damit er um acht Uhr glühte. Der Raum war groß und die Winter knackig kalt, aber wir übernahmen den Heizdienst gern, weil er mit viel “Döneken” verbunden war.“

*die kursive geschriebenen Teil sind zum Textverständnis eingefügt, da die vorgefundenen Inhalte auf das hier gewählte Thema hin verdichtet wurden.

 

Bilder vom Torfabbau

Torfkarre Einsatz in den 1930ern

Bildersammlung Wiehe

in: 900 Jahre Warmsen, eine Gemeinde in Wort und Bild, Schriftenreihe der Samtgemeinde Uchte Band 5 1996

 

Außerdem nahm man einen Strohschauer mit. Das war eine aus Stroh und Latten gebastelte Wand, die beim Frühstück und Vesper vor kalten Winden und Regen und an heißen Tagen vor der Sonne Schutz gab.

Wenn im Frühjahr das Feld bestellt war, dann ging es in das Moor zum Torfstechen. Obwohl es sich um eine verhältnismäßig schwere Arbeit handelte, war man doch mit Freude dabei. Das Essen war reichlich.

Essenspause im Bonhorster Moorteil 1950er

Bildersammlung Wiehe

in: 900 Jahre Warmsen, eine Gemeinde in Wort und Bild, Schriftenreihe der Samtgemeinde Uchte Band 5 1996

 

Es gab wieder das zweite Frühstück am Vormittag, welches im Winter eingespart wurde. Und wenn der Kuckuck rief, dann durfte der Schinken angeschnitten werden, den man im Moor „über den Daumen” frühstückte. Außerdem gab es gekochte Eier mit ins Moor, die sonst beim Kaufmann gegen Kolonialwaren eingetauscht wurden.

Im Moor angekommen, wurde zunächst der Plaggen mit der Heidsense und Quicke von Heide und sonstigem Gestrüpp gesäubert und eingeebnet. Hier wurde später der gestochene Torf zum Trocknen aufgestellt. Jetzt wurde die Bank hergerichtet. Das ist eine senkrechte Wand, vor der man im letzten Jahr mit dem Abstich aufgehört hatte. Die Bank ist etwa zwei bis drei Meter lang. Von dieser Wand wurde jeweils eine Schicht von der Länge der Torfstücke (ca. 30 cm) abgestochen.

Torfstechen Warmsen 1966

Bildersammlung Wiehe

in: 900 Jahre Warmsen, eine Gemeinde in Wort und Bild, Schriftenreihe der Samtgemeinde Uchte Band 5 1996

 

Die Tiefe richtete sich nach den Wasserverhältnissen, also etwa 1,50 bis 2 m. Das Moorwasser brachte überhaupt große Schwierigkeiten mit sich. Selbstverständlich trugen die Arbeiter Holzschuhstiefel (Holzschuhe mit langem Lederschaft). Mit dem Haumesser wurde nun die Breite der Torfstücke eingehauen. Anschließend konnten die einzelnen Stücke mit dem Torfspaten herausgestochen und auf das Ufer (Oiwer) gelegt werden.

Torfstechen im Hiller Moor 1930er

Bildersammlung Wiehe

in: 900 Jahre Warmsen, eine Gemeinde in Wort und Bild, Schriftenreihe der Samtgemeinde Uchte Band 5 1996

 

Dort auf dem Plaggen war meistens eine Frau tätig (Magd, Tochter oder auch die Frau des Bauern), die den Torf mit den Händen oder mit einer kleinen Forke mit vier breiten kurzen Zinken, die der Schmied extra gefertigt hatte, auf die Karre legte.

Nun wurde der Torf auf dem Plaggen in einiger Entfernung von der Kuhle in Ringeln zum Trocknen aufgestellt. Ein Ringel bestand aus sechs Torfstücken, die kreuzweise übereinander gelegt wurden. Die Reihen verliefen in Ost-West Richtung zum Damm hin.

Das hatte einen bestimmten Grund, wie sich noch zeigen wird. Wenn die erste Fläche vollgestellt war, wurde an anderer Stelle eine neue Bank und ein neuer Plaggen in Angriff genommen. So wurde eine Schicht nach der anderen herausgestochen, bis der Bedarf für den Eigenverbrauch und für den Verkauf gedeckt war.

Wenn nach einiger Zeit der Torf etwas getrocknet war, wurde er umgeringelt. Aus zwei Reihen wurde eine neue gesetzt, die Stücke wieder kreuzweise übereinander. Der trockene Torf konnte jetzt höher gestapelt werden. Da die Reihen zum Damm hin verliefen, konnte man später den trockenen Torf in diesen Gängen gut transportieren.

Torfstich im Woltringhauser Moor

Bild entnommen: Kreisausschuss des Kreises Nienburg (Hrsg.) Heimatbuch des Kreises

 

 

Am Damm wurden Haufen von etwa 1,5 m Breite, 2 – 3 m Länge und 2 – 2,5 m Höhe angelegt. Sie wurden fachgerecht mit einer Mauer aus Torfstücken umgeben. In diesen Haufen lagerte der Torf zum Nachtrocknen, bis er – je nach Witterung  Ende August bis Anfang September in den eigenen Torfkoben abgefahren wurde.

In nassen Jahren gab es Schwierigkeiten, den Torf vom Moor herunter zu holen. Die Pferde sanken dann tief in den Boden ein. Ihnen wurden deshalb „Schuhe” angepasst: dicke, breite, fast runde Holzplatten, die an den Hufen mit Holzkeilen befestigt wurden. Oder man hatte „Schuhe” aus Leder mit einer dicken Ledersohle, in die der Huf hineingesteckt und oberhalb des Hufes mit einer Schnalle befestigt wurde.

Torfeinfahren in Warmsen 1950er

Bildersammlung Wiehe

in: 900 Jahre Warmsen, eine Gemeinde in Wort und Bild, Schriftenreihe der Samtgemeinde Uchte Band 5 1996

 

Die Torfkäufer wagten sich mit ihren Pferden nur selten auf das Moor; denn die Tiere wurden auf dem ungewohnten, schwankenden Boden unruhig. Mensch und Tier waren froh, wenn sie wieder festen Boden unter den Füßen hatten. Die Torfkäufer waren durchweg langjährige Kunden auf den einzelnen Höfen. Sie kamen überwiegend aus der Wesermarsch, aus der Umgebung von Schweringen, Bücken und Hoya. Oft brachten sie Weizen mit, der hier auf den leichten Böden weniger gedieh. Auf dem Kirchen und Schulmoor machten mehrere Anbauer und Handwerker, die kein eigenes Moor besaßen, ihren Brenntorf. Sie mussten dafür einen Teil des gestochenen Torfes in trockenem Zustand an die Kirche oder Schule abliefern. Berechnet wurde die Menge nach den gestochenen Ringeln.

An manchen Stellen im Moor befinden sich viele Fasern im Torf. Dabei handelt es sich um vertorfte Rückstände von Binsen, Riedgras und Schilf. Man nannte sie früher „Luck”. Diese Fasern sind recht zäh und beim Torfstechen hinderlich, weil sie sich am Torfspaten festsetzen und dadurch die Arbeit erschweren.

In den letzten Kriegsjahren (1914/18) mussten wir Schulkinder diese Fasern sammeln und konnten sie dann in getrocknetem Zustand gegen ein kleines Entgelt in Campen bei einer Sammelstelle (Eschenhorst) abliefern. Die Berechnung erfolgte nach Kubikmetern. Man wollte das Material für die Spinnstoffherstellung verwenden.

Es bleibt zu hoffen, daß unseren Nachkommen wenigstens ein Teil des Moores, das Jahrhunderte lang Erwerbsquelle und Arbeitsstätte unserer Vorfahren gewesen ist, in seiner Ursprünglichkeit erhalten bleibt und dass die abgetorften Flächen wieder vernässt werden, damit das Moor neu wachsen kann.

 

Moorabbau in heutiger Zeit

 

Leider werden sich die Prophezeiungen von Gade 1901 nicht erfüllen:

„Die vielen und z.T. großen Moore im Hoyaschen enthalten noch großen Reichtum an Material zu Torf, und wird ....ein Mangel daran nicht eintreten, da ohnehin die Steinkohle immer mehr Verwendung findet, und damit der Konsum an Torf immer geringer wird...“

 

Die Menschen haben Mitte der sechziger Jahre tatsächlich den Torfabbau zu Heizzwecken eingestellt, leider sind an ihre Stellen viele Torfwerke, genossenschaftlich geführte Betriebe getreten, die den Torfabbau in großem Umfange zur Düngetorfherstellung betreiben. Natürlich spielen hier ganz andere wirtschaftliche Überlegungen und Möglichkeiten eine Rolle. Fatal erinnert dieses Handeln an die Büffeljagd in Nordamerika, wo Dank der modernen Waffen nicht mehr regulierend sondern fast völlig vernichtend eingegriffen wurde. Großflächig und mit effektiven Maschinen werden ganze Landstriche zu wahren Einöden verwandelt.

Die Torfbahn von Borstel 1968

in Geschichte des Kirchspiels Borstel, Hrsg. Heimatverein Borstel 1990

Torfstechmaschine 1987

entnommen F. Bomhoff, Voigtei eine Streusiedlung am Rande der Moore in Steyerberger Chroniken 1989

 

 

Bis zum Horizont reichen die ausgepowerten Flächen, je nach Abbaumethode bilden die einmaligen Naturdenkmäler Krater einer zerstörerischen Welt.

 

Gefräste Torfflächen

 

Aufnahme 07/2003

 

 

Geringelte Torfflächen

 

Aufnahme Sybille Barthel 07/2003

 

 

Aufnahme 07/2003

 

„Wiedervernässung“, Abbauauflagen und andere Auflagen streuen nur Sand und vernebeln den Blick auf die Wirklichkeit.

Mit nur wenigen Mitarbeitern stellt man den Düngetorf her, der als Streugut in heutiger Zeit ohne großen Aufwand durch andere Materialien ersetzt werden könnte.

 

Vertragsverlängerung: Vorbereiten der Abbaufläche

 

Photo 07/2003

 

Völlig unverständlich und eigentlich empörend: gerade vor kurzer Zeit ist im Bereich des Warmser Moores ein neuer Vertrag zur Abtorfung geschlossen worden, der dieses Treiben weiter verlängern wird!

 

Torfabbaugebiete 1987

entnommen F. Bomhoff, Voigtei eine Streusiedlung am Rande der Moore in Steyerberger Chroniken 1989

 

Sicher, die Eigentümer der Moore, die Bauern empfinden diesen Besitz als lästig: seitdem man den Heizstoff Torf nicht mehr benötigt, seitdem mehr und mehr Landwirte ihre Betriebe aufgeben sieht man keinen Nutzen in den zusätzlich von Kosten belasteten Grundstücken (z.B. „Grabengeld“ für die Entwässerung) und ist froh, wenn man ein paar Cent mehr als die ortüblichen 25 Cent pro Quadratmeter erzielen kann.

Auch die politischen Gemeinden verfügen in der gegenwärtigen Finanzlage über zu wenig Mittel, um sich hier zu engagieren. Denn Moor heißt auch Pflege, d. h. Beweidung mit Schafen, sonst wuchern die Flächen innerhalb kürzester mit Birken u.ä. schnell wachsenden Gehölzen zu.

Offensichtlich rührt das keinen politisch Verantwortlichen, die sich lieber an fruchtbare Marschböden heranwagen, um seltenen Tieren den Lebensraum zu erhalten....

 

Rückentwicklung der Moore in Deutschland 1850/1980

 

Bilder aus Torfmuseum Neustadt

 

 

Bilder aus Torfmuseum Neustadt

 

„Moorfrühling in Niedersachsen

Margarete Bink in Niedersächsischer Jäger 12/2001

Niedersachsen war einmal das moorreichste Land Mitteleuropas. Die Moore konzentrierten sich in einem Streifen südlich der Nordsee, zwischen Elbe und der holländischen Grenze. Von den einst ausgedehnten Moorkomplexen sind heute nur noch kleine Restbestände in halbwegs naturnahem Zustand erhalten.

Hochmoore sind nährstoffarm und leben von Niederschlägen. Sie sind dürftig in der Vegetation, unabhängig vom mineralischen Untergrund und mit Wasser vollgesogen wie ein Schwamm. Niedermoore dagegen liegen im Einflussbereich des Grund- und Oberflächenwassers. Sie sind relativ nährstoffreich und begünstigen ein vielfältiges Tier und Pflanzenleben. Während demgegenüber in Hochmooren nur wenige, dafür aber hochspezialisierte Pflanzen- und Tierarten vorkommen.

Für ihre Entstehung benötigten die Hochmoore Jahrtausende, denn ihr Wachstum vollzog sich sehr langsam. Da die Torfmoose in ihren Zellen große Wassermengen speichern können, sind die Moore wertvolle Wasserreservate im Naturhaushalt. Doch menschliches Zweckdenken schuf im Zeitalter des Fortschritts Entwässerungsprogramme zur Urbarmachung nutzlosen Brachlandes. Was anfangs noch durch mühevollen Handtorfstich der Moorsiedler an Moorflächen langsam verloren ging, schrumpfte später durch maschinelle Abtorfung industrieller Betriebe schnell auf einen Bruchteil der ehemaligen Flächen zusammen.

Pulsierendes Leben

Die Eingriffe in die Natur bedrohen auch unsere Vogelwelt, da damit der Lebensraum zerstört wird. Besonders die Watvögel wie Brachvogel, Uferschnepfe, Rotschenkel, Bekassine und Kampfläufer, die mit ihren langen, tastempfindlichen Schnäbeln stochernd im weichen Boden nach Nahrung suchen, sind an Feuchtgebiete gebunden. Wird ihnen der Lebensraum genommen, wandern sie ab oder sterben aus. Aber auch zahlreiche andere Vogelarten sind auf feuchte, wasserreiche Areale angewiesen. Im Schutz der Ruhe, die das schlecht begehbare Gelände mit sich bringt, pulsiert vom Frühjahr bis zum Spätherbst in den Mooren ein vielfältiges Tier und Pflanzenleben.

Ein Heer von Zugvögeln sucht auf seinem Weg nach Norden in diesen Ruhezonen rastend nach Nahrung. Zu den ersten Frühlingsboten, die aus dem Winterquartier heimkehren, zählt der Kiebitz. In wuchtelndem Flug grenzt er sein Revier ab. Schon bald beginnt er mit der Brut und die vier dunkel gefleckten Eier im Gelege zeigen stets mit der Spitze zur Nestmitte.

Charakteristische Laute der Moornatur sind die wundervoll melodischen, lang gezogenen Triller und Rufe des Großen Brachvogels. Auch der eindrucksvolle Warnruf der Uferschnepfe ist in dieser Landschaft nicht zu überhören – das Meckern. Eng mit dem Moor verknüpft ist auch das Leben des Südlichen Goldregenpfeifers, der vom Aussterben bedroht ist. Die Sumpfohreule, die im lautlosen Flug dahingleitet, ist in ihrer Lebensweise ebenfalls an feuchte Biotope gebunden.

Im Schutz der Einsamkeit

Das Moor ist reich an Stimmen und Leben. Lerchen und Wiesenpieper wetteifern mit ihrem Gesang und geben zusammen mit anderen Sängern ein faszinierendes Vogelkonzert. Seltene Libellen tanzen über dem Ödland auf und nieder und die Kreuzotter schätzt an warmen Tagen ein Sonnenbad vor ihrem Schlupfwinkel. Im Randbereich des Sumpfgebietes hält sich gern der Moorfrosch auf. So sind diese Einöden der beste Schutz für viele seltene Tierund Pflanzenarten, die in unserer Kulturlandschaft keine andere Lebensmöglichkeit mehr finden.

Mit fortschreitender Jahreszeit entfalten die verschiedensten Pflanzenarten ihre Blüten und locken die Insekten an. Doch die Schönheit der Moornatur wird erst richtig offenbar, wenn bei leichter Brise ein Meer von fruchtenden Wollgräsern zu wogen beginnt. Zu dieser Zeit sind die meisten Jungvögel schon geschlüpft und wachsen schnell heran, denn es dauert nicht lange und die große Reise in den Süden beginnt. Eine Vogelart nach der anderen verlässt das Brutgebiet und es wird still im Moor.

Ein herausragendes Gebiet für Brutvögel der offenen Hochmoor, Heide und Feuchtwiesenlandschaft ist der Naturraum Diepholzer Moorniederung zwischen Dümmer und Weser. Er hat eine Gesamtgröße von ca. 105000 ha. Davon sind ca. 24000 ha Hochmoore (ohne Dümmerregion), ca. 15000 ha Feuchtgebiete mit internationaler Bedeutung, ca. 13600 ha Naturschutzgebiete (NSG) und insgesamt ca. 30000 ha naturschutzwürdige Fläche.

Bereits 1972 fanden sich Naturschützer zusammen, um Regenerationsmaßnahmen auf abgetorften Moorflächen in der Diepholzer Moorniederung durchzuführen und die ökologische Situation der letzten Hochmoorbereiche zu stabilisieren. Sie gründeten die Faunistische Arbeitsgemeinschaft Moore (FAM), die bis heute besteht.

Seit den mühevollen, arbeitsreichen Anfängen dieser Interessengemeinschaft hat sich durch Pflegemaßnahmen, Wiedervernässung trockengelegter Hochmoorbereiche, Entbirken und Entkusseln degenerierter Moore, Bestandsaufnahmen von Fauna und Flora, Abflämmen von Moorflächen und vielen anderen Arbeitseinsätzen im Laufe der Jahre mancher Erfolg eingestellt.

Biotopbeschreibung Moor

Bilder (Fotos: Margarete Bink)

1. Durch „fortschrittliches Denken“ der Menschen entstanden Entwässerungsprogramme zur Urbarmachung nutzlosen Brachlandes – der Moore. Auf den trockengefallenen Flächen siedelt sich als Pioniergehölz unter anderem die Birke an.

2. Die Schönheit des Moores offenbart sich erst dann richtig, wenn bei leichtem Wind ein Meer von fruchtenden Wollgräsern zu wogen beginnt.

3. Schon im März beginnt die Paarungszeit des seltenen Moorfrosches. Das Männchen verfärbt sich während dieser Zeit hellblau. Die Laichklumpen finden sich mit bis zu 3000 Eiern in den flachen Uferbereichen der Moorgewässer.

4. Der unüberhörbare Warnruf der Uferschnepfe gehört unzweifelhaft zu der eigentümlichen Landschaft der Moore. Der Zugvogel ist durch die weiter fortschreitende moderne Grünlandwirtschaft in seinem Vorkommen bedroht.

5. Die Weibchen der Schwarzen Heidelibelle sind im Gegensatz zu den Männchen gelbbraun gefärbt. Stehende Moorgewässer gehören zu ihren bevorzugten Aufenthaltsorten. Die Flugzeit erstreckt sich von Juli bis in den November.

6. Bereits Anfang der 70erJahre fanden sich Naturschützer zusammen, um in der Diepholzer Moorniederung Regenerationsmaßnahmen durchzuführen. Durch die Wiedervernässung ehemals trockengelegter Moorflächen stirbt die Birke.

Ödland wird zu Nutzland

 

 

 

„Des Ersten Tod, des Zweiten Not, des Dritten Brot“

Das ist der Spruch, den die Bauern tradieren, deren Vorfahren die Ödlandkultivierung der Landschaft abgerungen haben.

Plaggenhütte mit Bewohnern

Bild aus dem Nordloher Moor bei Oldenburg 1913. So hatte es in den Moorkolonien häufig angefangen: Eine Hütte als Behausung, aus Heideplaggen oder Torfsoden errichtet, mit kleinen Fenstern und einer Tür zumeist aus städtischen Abrisshäusern. Welchen Betrachter überkommt nicht ein tiefes Gefühl des Mitleides mit dem Elend dieser Menschen?

Quelle: Staatliches Museum für Naturkunde und Vorgeschichte Oldenburg.

 

Viele Beispiele für eine solche Armut und Arbeitsqual finden sich in unserem Raum. Besonders einprägsam wird sie deutlich bei der Gründungsgeschichte einer ganzen Ansiedlung, nämlich Darlaten, dessen Chronik in prägnanten Beispielen demnächst hier vorgestellt und die zur Lektüre empfohlen werden soll.

 

Rodung von Ödland etwa 1935

 

 

Moor und Wald wurden bis in die dreißiger Jahre hinein Boden zur Schaffung von landwirtschaftlichen Flächen abgerungen. Eine unendlich schwere, entbehrungsreiche Arbeit. Hier ein Beispiel aus den 1930er Jahren für diese Tätigkeit, die teilweise von staatlicher Seite mit organisiert wurde.

Bild entnommen: Kreisausschuss des Kreises Nienburg (Hrsg.) Heimatbuch des Kreises 1936

 

Meliorationsarbeiten im Moor 1960

entnommen F. Bomhoff, Voigtei, 1989

 

 

 

Landmeliorationen

 

 

Immer dann, wenn die Bevölkerung wuchs oder Kriege drohten, die eine nationale Autarkie als wünschenswert erscheinen ließen, fühlten sich Verwaltung und Politik ermuntert, die Bauern zur Erschließung weiterer, bislang nicht genutzter Landstriche aufzufordern und diese Tätigkeit finanziell zu unterstützen.

Bislang kann ich vier Etappen erkennen, die zu Landmeliorationen (Verbesserung der bereits genutzten Flächen) oder Ödlanderschließungen führten:

- in der Zeit der industriellen Revolution, die in Deutschland etwa 1830 Fahrt aufnahm (die Bevölkerung stieg aus vielerlei Gründen rapide an)

- vor dem 1. Weltkrieg (nationale Autarkiewünsche)

- während der Nationalsozialistischen Zeit (Autarkiebestrebungen und Vorbereitung des Krieges)

- nach dem Kriege, wo die Flüchtlingsströme zu einem großen Anstieg der Bevölkerung und zugleich dem Wunsche führten, manche dieser Menschen auch in der Landwirtschaft zu beschäftigen.

 

 

Förderungen in der Mitte des 19. Jh.

Kaiserzeit und Weimar

Nationalsozialismus und Landwirtschaft

Die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg

Öd- und Moorlandkultivierungen in den Nachkriegsjahren

aus und nach dem Kapitel „Landwirtschaft / Betriebszweige“ von Seedorf/Meyer (Hrsg.). Landeskunde NIEDERSACHSEN. Band II1996.

Die Hungerjahre der Nachkriegszeit sind manchem noch in Erinnerung, als durch den Zuzug von über 2 Millionen Flüchtlingen nach Niedersachsen und durch die unzureichende Düngerversorgung der Böden die Nahrungsdecke nicht ausreichte. Deshalb waren anfangs die Nahrungsmittelerzeugung und -versorgung der Bevölkerung ein Hauptanliegen der Bundes und der Landesregierungen.

Um dem Nahrungsmangel zu begegnen, wurden großräumig Bodenuntersuchungen und Kartierungen durchgeführt, die feststellen sollten, auf welchen Grünlandstandorten der Marschen und Flussniederungen Brotgetreide angebaut werden könne.

Allenthalben wurden Moorkultivierungen vorgenommen, um neue Nährflächen zu schaffen. Im Emsland sind z.B. von 1950 bis 1970 rd. 111.000 ha kultiviert, 14.000 ha gedränt, 640 km Flussläufe sowie 6.200 km Vorfluter und Gräben ausgebaut worden. Um die Menschen aus der Armut zu führen, sind 1.250 neue Bauernhöfe und rd. 5.000 Nebenerwerbsstellen für Flüchtlinge und Einheimische geschaffen worden. Als gesellschaftspolitisches Ziel galt es, möglichst viele bäuerliche Vollerwerbsbetriebe (ca. 25 ha) zu erhalten bzw. neu anzulegen.

 

 

 

Zur Geschichte des Niedersächsischen Wappens

 

 

Geschichte und Entwicklung des Pferdes im Niedersachsenwappen

Informationen nach Schnath in „Das Sachsenross – Entstehung und Bedeutung des Niedersächsischen Landeswappens“ in Reihe B Heft 6 der Schriftenreihe der Landeszentrale für politische Bildung in Niedersachsen, Hannover 1961.

Der Stammbaum des Sachsenross-Wappens zeigt die Entwicklungsstufen, Abzweigungen und Verzweigungen des Sachsenrosses als Wappensymbol.

Das Ross wurde 1361 durch Herzog Albrecht II. von Grubenhagen in das Welfensiegel eingeführt und erschien später im Wappenschild der welfischen Herzöge von Braunschweig und Lüneburg, die bis dahin den Braunschweiger Leoparden und den Lüneburger Löwen als alleiniges Geschlechts- und Hoheitszeichen geführt hatten. „Sie griffen damit“, wie G. Schnath ausführt, „bewusst auf altsächsische, volkstümliche Überlieferungen zurück. Anknüpfend an die Namen Hengist und Horsa, die legendären Führer der sächsischen Landnahme in Britannien, erblickte man in dem Pferde die Stammeszeichen der alten Sachsen, später auch das persönliche Wappenzeichen des Sachsenherzogs Widukind. Mit dem Pferd im Schild wollten die Welfen als Nachkommen der früheren Stammesherzöge ihre Führerstellung im altsächsischen Raum betonen...“
Nach der Zeichnung des Wappenmalers Gustav Völker, Hannover, wurde am 8. Oktober 1952 im Niedersächsischen Landtag mit großer Mehrheit das Gesetz über Wappen, Flagge und Siegel des Landes Niedersachsen angenommen, das am 13. Oktober in Kraft trat. Die Landesflagge Niedersachsens wurde damit die Fahne Schwarz-Rot-Gold, belegt mit dem Landeswappen des springenden weißen Rosses mit hängendem Schweif auf rotem Felde. Das Land Nordrhein-Westfalen zeigt die abgewandelte Form des steigenden Pferdes mit aufsteigendem und aufgeschlagenem Schweif.

Und heute?

 

Das nachstehende Bild kann ich monatlich meinen Gehaltsmitteilungen entnehmen, es ist das kulturelle Symbol Schröder’schen Regierungsstils – ihm haben wir die sogenannte „Vereinfachung“ zu verdanken. Eine ähnliche Großtat, wie etwa der jüngst glücklicherweise gescheiterte Versuch, den deutschen Nationalfeiertag – einen der wenigen sympathischen und weltweit akzeptierten, friedlich gestalteten Gedenktage deutscher Geschichte - zu einem beliebigen Sonntagsereignis zu machen.

Immerhin scheint ein Hoffnungsschimmer zu bestehen: die gegenwärtige niedersächsische Landesregierung plant, diese Entscheidung wieder rückgängig zu machen – aber zunächst muss ja wohl das vorgedruckte Papier verbraucht sein ...

 

 

 

Literaturverzeichnis

 

 

Örtliche Chroniken

 

Borstel: Geschichte des Kirchspiels Borstel, Hrsg. Heimatverein Borstel 1990

Darlaten: Willi Schildmeyer, Darlaten – ein Dorf wurde geschaffen. Vom menschenfeindlichen kargen Hochmoor zur fruchtbaren Kulturlandschaft, 1997.

Leese: 800 Jahre Gemeinde Leese 1983, Gemeinde Leese (Hrsg.), Schriftleitung Heinrich Munk, 1983

Voigtei: F. Bomhoff, Voigtei eine Streusiedlung am Rande der Moore in Steyerberger Chroniken 1989

 

 

Überregionale Beschreibungen

Gade, Heinrich Historisch – geographisch - statistische Beschreibung der Grafschaften Hoya und Diepholz, 2 Bände, Nienburg 1901.

Seedorf, Hans Heinrich und Meyer, Hans-Heinrich (Hrsg.). Landeskunde NIEDERSACHSEN. Natur und Kulturgeschichte eines Bundeslandes. Band II: Niedersachsen als Wirtschafts- und Kulturraum. 1996. Wachholtz-Verlag Neumünster.

 

 

Wird fortgesetzt...

 

 

 

 

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   Raddestorf
07-07-03