Die Suhler Jagd- und Sportwaffen GmbH wird in der neu gegründeten Merkel Academy Seminare und Praktika zu jagdlich relevanten Themen veranstalten.
Den Auftakt bildet im Oktober das Praxis-Seminar "Sicher treffen über weite Distanzen" mit dem bekannten Jagdwaffenexperten Werner Reb. Im Mittelpunkt des zweitägigen Seminars stehen geeignete Schießtechniken und das Kennenlernen der eigenen, persönlichen Leitungsgrenze. [...]
Geschossen wird über Distanzen von 25 bis 300 Meter. Dabei wird die Waffe wie in der Praxis geführt, also mit Trageriemen und vollem Magazin. [...]
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Inhaltsverzeichnis
Vorbemerkungen
Voraussetzungen
Grundlagen
- Demonstration der KR1
- Optische Zielvorrichtungen
- Balistische Grundlagen
- Demonstration der Gläser und Spektive
Praxis Nah- und Fernschuss
Fazit
"Take-Home" Message
Vorbemerkungen
Die Ankündigung aus dem Niedersächsischen Jäger (13/2004) machte meinen Vater und mich neugierig.
Wir jagen, sind aber sicher weit davon entfernt Waffenexperten zu sein. Schüsse von einer Entfernung über 120m gehören genauso wenig zu unserem Repertoire wie Schüsse unterhalb von 50m. Wir dachten es sei sehr interessant sich in dieser Richtung fortzubilden. Allerdings hatten wir ein wenig Manschetten, da wir befürchteten, dass zu dieser Fortbildung nur "Waffenfreaks" kommen würden und wir beiden Humanisten mit diesen nicht mithalten können. Zudem meinte mein Vater er zittere sich eh nur noch ins Ziel und das ganze hätte für ihn vielleicht nur wenig Sinn. Im Verlauf des Seminars sollte er aber beweisen, dass er alle anderen Schützen in die Tasche stecken kann. So kann man sich täuschen…
Gesagt getan. Ich bekam die Teilnahme an dem Seminar zum Geburtstag geschenkt, auch weil wir beide fanden, dass es uns sehr gut tun würde ein Wochenende gemeinsam zu verbringen. Und sei es so wie wir befürchteten, könnten wir immer noch in Marburg einen Saufen gehen und die Schützen eben Schützen sein lassen.
Die Erfahrungen, und Informationen, die ich aus dem Seminar gezogen und mitgebracht habe, will ich hier aufführen. Es sei allerdings angemerkt, dass ich jedem empfehle, wenn sich die Gelegenheit ergibt, auch daran teilzunehmen, da die persönliche Erfahrung, besonders die des zweiten Tages sich durch keine Worte ersetzen lässt.
Voraussetzungen
Grundvoraussetzung für die Teilnahme an dem Seminar war der Besitz eines gültigen Jagscheines.
Gestellt und im Preis der Veranstaltung enthalten wurden auf Wunsch die Waffe mit Zieloptik und Munition, sowie die restlichen optischen Geräte. Auch ein elektronischer Gehörschutz wurde zur Verfügung gestellt.
Der Kurs fand auf der Schießanlage der SLG-Niederweimar, nahe Marburg statt. Untergebracht waren wir im Hotel Fasanerie in Marburg-Gisselberg.
Grundlagen
Am Freitag war die Abhandlung der Theorie und die entsprechenden Präsentationen der Firmen geplant:
Demonstration der KR1
Die KR1 ist mit einer Gesamtlänge von 98cm und einem Gewicht von ca. 2,9kg eine kurze und leichte, sehr führige Waffe. In der Standardausführung ist sie ab 1590,-€ zu bekommen und damit sicher ihren Preis wert.
Des weiteren wurden auch die anderen Jagdwaffen der Fa. Gebr. Merkel Suhl vor- und ausgestellt. Allesamt sehr formschöne und führige Waffen.
Optische Zielvorrichtungen
Optische Zielvorrichtungen dienen der Vereinfachung des Zielvorganges. Beim Zielen über Kimme und Korn muss der Schütze drei Ebenen übereinander bekommen und gleichzeitig scharf sehen können, um einen gezielten Schuss abgeben zu können. Mit Hilfe von Zielfernrohren gelingt es alle drei Bildebenen in einer abzubilden und so Fehler auszugleichen. Des weiteren kann mit Hilfe von Prismen das Ziel vergrößert werden.
Die heute produzierten Optiken werden durch sog. Vergütung in ihrer Lichtstärke und Kontrastreinheit veredelt, so dass das früher geltende Auswahlkriterium der Dämmerungszahl (Wurzel (Vergrößerung * Objektivgröße)) heute nicht mehr das geltende sein sollte. Viel mehr sollte man beim Kauf eines optischen Gerätes auf die Austrittspupille achten. Hierbei ist bemerkenswert, dass sich das ältere menschliche Auge nicht mehr auf 7mm zusammenziehen kann. Als Folge hiervon profitiert ein älterer Jäger evtl. mehr von einem Glas 8 x 42 als vom der Universalvergrößerung 8 x 56.
Im weiteren Vortrag wurde auf die Begriffe wie Lichtstärke, Objektiv, Okular, Prismen, Absehen und Platzierung des Absehens eingegangen, auf deren genauere Ausführung ich hier verzichten möchte.
Balistische Grundlagen
Jede Laborierung einer Patrone hat eine eigene Balistik, die auf der Packung vermerkt ist. Diese sollte man sich anschauen. Je nach Waffe unterscheiden sich die Flugeigenschaften des Geschosses. Jeder sollte mit seiner Waffe ausreichend Schüsse abgeben, um sich sicher zu sein, dass die Angaben auf den Packungen auch für die eigene Waffe zutreffen. Eine ausreichende Anzahl an Schüssen beginnt bei 10 Schüssen unter gleichen Bedingungen und ist nur dann als ausreichend anzusehen, wenn sich die Treffer mit einer Handfläche abdecken lassen (rundes Trefferbild).
Demonstration der Gläser und Spektive
Praxis Nah- und Fernschuss
Geschossen wurde mit der Repetierbüchse KR1 der Fa. Gebr. Merkel Suhl ausgestattet mit Zielfernrohren aus dem Hause Schmidt & Bender. Die Fa. Norma Precision stellte die für das Seminar notwendige Munition zur Verfügung. Weitere optische Geräte, wie Spektive und Gläser, wurden von der Fa. Leica Camera gestellt.
Ich wählte am Morgen eine KR1 mit einem Glas mit 2-12facher Vergrößerung, da ich mich mit meiner Waffe zuhause mit dem Glas in 6facher Vergrößerung unsicher fühlte und mir ein neues Glas kaufen wollte, was eine ähnliche Vergrößerung aufweist. Ich dachte, wenn ich auf 200 und 300m schießen sollte, dann brauche ich eine sehr hohe Vergrößerung.
Zunächst gingen wir auf der wirklich beeindruckenden Anlage (300m können ganz schön lang aussehen …) auf 25m.
Eigentlich keine wirklich weite Entfernung. Schließlich könnte man mit einem Stein sicher so weit werfen und würde auch treffen. Wie wir am Vortag gelernt hatten hat die Patrone mit der wir schossen bei 25m einen Tiefschuss von 2cm gegenüber der optischen Achse.
Geschossen wurde freihändig stehend, angestrichen am Zielstock, aufliegend auf dem zweibeinigen Zielstock und dem dreibeinigen Zielstock (s. Bastelanleitung), liegend, hockend und im Buhrensitz aus der Entfernung mit jeweils 5 Schuss auf die Scheibe. Die Ergebnisse wurden nicht gewertet und nicht kommentiert.
Was mich betrifft, so lagen meine Treffer weit auseinander, nicht sehr verwunderlich, da ich noch nie in solchen Positionen geschossen hatte und ich schon in der 6fachen Vergrößerung des Glases gesehen hatte, dass ich sehr am wackeln war.
Ein kurzer Blick auf die Trefferbilder der weiteren Teilnehmer zeigte, dass diese offensichtlich schon häufiger in diesen Positionen geschossen hatten; zumindest konnten deren Trefferbilder mit einem "Zwei Euro Stück" abgedeckt werden.
Es folgten ausführliche Erörterungen der unterschiedlichen Möglichkeiten der Schussabgabe und deren möglicher Treffsicherheit. In abgestufter Reihenfolge findet sich die größtmögliche Schusssicherheit im liegen, sitzen, hocken, stehend angestrichen, stehend freihändig. Aufgrund der vorhergegangenen Übungen konnten wir uns von der Richtigkeit der Aussage überzeugen.
Anschließend gingen wir auf 100m. Hierbei handelt es sich um die übliche Entfernung auf den meisten Schießständen. Von hier wurden mindestens 5 Durchgänge mit je 5 Schuss auf die Ringscheibe und die Rehbockscheibe sitzend mit aufgelegter Waffe abgegeben. Nachdem alle Teilnehmer durchgehend gute Ergebnisse vorweisen konnten, wechselten wir auf 200m. Ich selber drehte die Vergrößerung des Glases zunächst auf 12fach und musste feststellen, dass die Schüsse wieder weit auseinander lagen. In der Korrektur auf die 4fache Vergrößerung lagen die Schüsse wesentlich besser und es entwickelte sich ein gutes Trefferbild. Nach vier Durchgängen ging es auf die letzte Distanz von 300m. Immer noch weit, trotz der vorhergegangenen Übungen. Geschossen wurde zunächst auf die Ringscheibe. Nach zwei Durchgängen konnte jeder die Ballistik seines Geschosses abschätzen und es wurde auf die Gamsscheibe geschossen. Immerhin musste mit der Waffe, die auf 4cm Hochschuss bei 100m eingeschossen war auf dieser Entfernung 35cm über das Ziel gehalten werden, um Fleck zu schießen. Erneut zwei Durchgänge.
Zum Abschluss wurde die Schussleistung jedes einzelnen Schützen vom Schießleiter gewürdigt.
Fazit
Das Seminar hat sich gelohnt. Insbesondere in Bezug auf das Erkennen der eigenen Leistungsfähigkeit beim Schießen, wobei technische Schussfehler nur begrenzt aufmerksam gemacht und korrigiert wurden.
Allein die Abgabe von 95 Schuss an einem Tag waren eine grandiose Übung und brachten eine deutliche Verbesserung der eigenen Schussleistung.
"Take-Home" Message
- Je höher die Vergrößerung im Glas, um so größer ist auch der Schussfehler.
- Ein Universalkalieber gibt es genauso wenig, wie eine Universalpatrone.
- Vor dem Schuss muß man sich die ballistischen Eigenschaften des Geschosses zu Eigen machen, um auch bei Weitschüssen potentiell zu treffen.
- Der Nahschuss ist genau so Anspruchsvoll wie der Fernschuss.
- Jeder Mensch hat seinen eigenen, individuellen Schießfehler. Ihn zu kennen, heißt ihn kalkulieren zu können. Ihn Auszumerzen ist nur durch intensives Training möglich.
- Der Wind ist ein häufig verkannter Einfluss auf die Ballistik des Geschosses.
- Wenn man am nächsten Tag schießen möchte, sollte man am Abend zuvor nicht zu viel trinken.
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